Katrin Rönicke (Moderation), Cordula Drautz, Deborah Ruggieri, Lena Rohrbach (v.l.n.r.) |
Cordula Drautz (Foto: Tanja Krokos) |
Auf Rohrbach folgte Cordula Drautz,
seit 1998 SPD-Mitglied und mit diversen Aufgaben und Posten in Partei
und nahestehenden Organisationen bedacht. Sie erklärt, dass die SPD
als fast 150 Jahre alte und von Männern gegründete Institution
höchst konservativ sei, zumindest was ihre Geschlechterverhältnisse
angeht. Auch wenn der Wandel von der Arbeiterpartei zur Volkspartei
mit dem Godesberger Parteiprogramm von 1959 eingeleitet wurde: Das
Old-Boys-Netzwerk – männliche Zirkel, die sich gegenseitig stützen
– scheint in diesen Strukturen besonders gut zu funktionieren. Als
weiteres Hindernis für weibliche Beteiligung in Der SPD nennt Drautz
das Omnipräsenzprinzip. Am Beispiel Berlin zählt sie auf, dass
jedes aktive Parteimitglied der Stadt eigentlich zwei „Posten und
Pöstchen“ besetzen müsste. Ehrenamtlich versteht sich. Im Alltag
vieler Frauen zwischen Beruf und Familie erscheint das unsinnig, mit
Inhalten hat es schonmal gar nichts zu tun. Doch mehr Beteiligung von
Frauen in der Partei ist gewünscht. Drautz zitiert aus dem
Leitantrag zur beschlossenen Parteireform von 2011: „Eine Partei
mit den Regeln einer Männerpartei kann keine Volkspartei sein.“
Drautz nimmt aber auch die Frauen selbst in die Pflicht: „Die
Frauen organisieren sich schlecht und das geht mir gewaltig auf den
Keks.“ Sie betont, dass eine so große Organisation wie die SPD
ohne Seilschaften gar nicht funktionieren könne. Damit meint Drautz
weniger die SPD-Organisation ASF (Arbeitsgemeinschaft
Sozialdemokratischer Frauen), die seit Jahrzehnten am Ziel
„Gleichstellung von Männern und Frauen in Partei und Gesellschaft“
arbeitet, sondern fehlende Loyalität der Frauen bei Kandidaturen und
Postenbesetzung, die oft dazu führen, dass die Männer am Ende die
lachenden Dritten sind.
Debora Ruggieri, Attac (Tanja Krokos) |
Auch Deborah Ruggieri von Attac
beschreibt, wie mühsam es ist, gegen den Widerstand männlicher
Mitglieder Gleichstellungspolitik innerhalb der Organisation
voranzutreiben. Attac ist in puncto Geschlechterverhältnisse kein
typisches Beispiel für eine NGO – im Bereich Ehrenamt dominieren
oft die Frauen – doch aufgrund der Thematik Wirtschaft und Finanzen
ähnlich männerdominiert wie die beiden vorgestellten Parteien.
Ruggieri plädiert dafür, jede Organisation und jedes Feld auf
Geschlechterbilder hin zu analysieren. So ergibt sich das Bild einer
„Gender Order“, die ihren Ausdruck in Texten und Bildern. Das
Feld der Finanzwirtschaft beschreibt Ruggieri als eindeutig männlich
kodiert: Männer in grauen Anzügen, Laptoptasche in der Hand, zackig und
dynamisch. Diese explizite Einschreibung von Männlichkeit macht es
Frauen ungleich schwerer, sich dort zu behaupten. Weil Ruggieri
selbst durch ihre weibliche Erscheinung aneckt und ihr die fehlende
Präsenz von Frauenbei Attac, z.B. auf Podien, übel aufstoß,
beteiligte sie sich 2008 an der Gründung des Gender Rates. Sie
plädiert aber nicht nur für den Marsch durch die Institutionen, sondern auch für kreative und spontane Aktionen, um die
Aufmerksamkeit auf die Geschlechterfrage zu lenken und zum Nachdenken anzuregen.
Von Stefanie Lohaus, Redakteurin Missy Magazine
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen